Neue Webseite: tape-praxisboerse.de Sie befinden sich momentan auf der veralteten Variante.

Was Sie über die Son­der­be­darfs­zu­las­sung wis­sen soll­ten

Immer wie­der haben Ärzt*innen und psy­cho­lo­gi­sche Psychotherapeut*innen den nahe­lie­gen­den Gedan­ken, eine Son­der­be­darfs­zu­las­sung zu bean­tra­gen. Hier ist aber sehr viel Geduld gefragt, ein Ber­li­ner psy­cho­lo­gi­scher  Psy­cho­the­ra­peut brauch­te dafür zehn (!) Jah­re.

Der Ber­li­ner Medi­zin­rechts­an­walt Phil­ip Christ­mann führt den Fall in einem Bei­trag auf sei­ner Web­sei­te aus. Der Ber­li­ner Psy­cho­the­ra­peut  (The­ra­pie­form: Ver­hal­tens­the­ra­pie) stell­te sei­nen Antrag auf Son­der­be­darfs­zu­las­sung Mit­te 2011 und zehn Jah­re spä­ter ver­don­ner­te das Lan­des­so­zi­al­ge­richt der Län­der Ber­lin und Bran­den­burg den Zulas­sungs­aus­schuss dazu, dem Psy­cho­the­ra­peu­ten die  Son­der­be­darfs­zu­las­sung zu ertei­len.

Nach Antrag­stel­lung im Jahr 2011 und Begrün­dung für den Son­der­be­darf lehn­te der Zulas­sungs­aus­schuss den Antrag (wie häu­fig) erst­mal ab. Auch der Wider­spruch beim Beru­fungs­aus­schuss blieb erfolg­los. Der Psy­cho­the­ra­peut ging in die näch­ste Instanz (Ber­li­ner Sozi­al­ge­richt). Die­ses gab sei­ner Kla­ge im Jah­re 2014 statt und ver­pflich­te­te den Beru­fungs­aus­schuss, den Son­der­be­darf noch­mal zu prü­fen. Gegen die­se Ver­pflich­tung leg­te der Beru­fungs­aus­schuss beim Bun­des­so­zi­al­ge­richt Beru­fung ein.

BSG erteilt Beru­fungs­aus­schuss Anwei­sun­gen

Die­se Beru­fung wies das Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) zurück und erteil­te dem Beru­fungs­aus­schuss genaue Anwei­sun­gen, wie der Son­der­be­darf des Klä­gers zu prü­fen sei. „Er müs­se prü­fen, wel­che Lei­stun­gen erfor­der­lich sei­en und ob die­se ange­bo­ten wür­den. Die ein­ge­hen­de Antrags­be­grün­dung des Klä­gers bie­te aus­rei­chen­de Anhalts­punk­te für Ermitt­lun­gen des Beklag­ten zum Vor­lie­gen eines qua­li­fi­ka­ti­ons­be­zo­ge­nen Son­der­be­darfs. Hin­wei­se zum Bedarf könn­ten ins­be­son­de­re die War­te­zei­ten für die Behand­lung bei Ärzten/ Psy­cho­the­ra­peu­ten sein. Es sei regel­mä­ßig gebo­ten, die bereits nie­der-gelas­se­nen Ärz­te nach ihrem Lei­stungs­an­ge­bot und der Auf­nah­me­ka­pa­zi­tät ihrer Pra­xen zu befra­gen. Die­se Befra­gung habe sich ent­spre­chend der Ziel­rich­tung von Son­der­be­darfs­zu­las­sun­gen grund­sätz­lich auf die gesam­te Brei­te eines medi­zi­ni­schen Ver­sor­gungs­be­reichs und nicht nur auf ein­zel­ne spe­zi­el­le Lei­stun­gen zu erstrecken. Die Ermitt­lun­gen dürf­ten sich typi­scher­wei­se nicht in Befra­gun­gen der im Ein­zugs­be­reich täti­gen Lei­stungs­er­brin­ge­rin­nen und ‑erbrin­ger erschöp­fen; deren Aus­sa­gen sei­en kri­tisch zu wür­di­gen, zu objek­ti­vie­ren und zu veri­fi­zie­ren. Gera­de für psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Behand­lun­gen kön­ne die Zahl der von den Kran­ken­kas­sen bewil­lig­ten Kosten­er­stat­tun­gen für bestimm­te Richt­li­ni­en­ver­fah­ren Hin­wei­se auf einen unge­deck­ten Bedarf geben. Die KV wer­de mit­zu­tei­len haben, in wel­chem Umfang die nie­der­ge­las­se­nen Psy­cho­the­ra­peu­ten ihren vol­len oder hälf­ti­gen Ver­sor­gungs­auf­trag wahr­neh­men. Zu berück­sich­ti­gen sei­en nur rea­le, nicht dage­gen poten­zi­el­le Ver­sor­gungs­an­ge­bo­te, die tat­säch­lich nicht zur Ver­fü­gung stün­den, weil Lei­stungs­er­brin­ger nicht zur Erbrin­gung wei­te­rer Lei­stun­gen bereit sei­en“, erläu­tert Medi­zin­rechts­an­walt Christ­mann.

Zu den vom Bun­des­so­zi­al­ge­richt auf­er­leg­ten Fra­gen führ­te die
Ber­li­ner Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung dann seit 2018 Befra­gun­gen durch. Die­se
lie­fen aber wohl nur sehr zäh, der Rück­lauf und die Infor­ma­ti­ons­ge­win­nung nur
sehr gering. Ende 2018 lehn­te der Beru­fungs­aus­schuss den Antrag auf
Son­der­be­darfs­zu­las­sung erneut ab. Dage­gen klag­te der Psy­cho­the­ra­peut erneut. Letzt­end­lich bejah­te das Ber­li­ner Lan­des­so­zi­al­ge­richt die hälf­ti­ge
Son­der­be­darfs­zu­las­sung. „Das anhal­ten­de Ermitt­lungs­de­fi­zit des Beklag­ten und
die feh­len­de Zuar­beit von­sei­ten der Kran­ken­kas­sen führ­ten zu einer
ein­ge­schränk­ten Umkehr der Beweis­last zugun­sten des Klä­gers“, so Anwalt
Christ­mann.

Christ­manns Pra­xis­tipp: „Wich­tig ist es, bei der Stel­lung eines Antra­ges auf Son­der­be­darfs­zu­las­sung im Ein­zel­nen zu dem Bedarf in dem jewei­li­gen Bezirk vor­zu­tra­gen. Je genau­er der Arzt/Psychotherapeut hier vor­trägt, desto eher hat sein Antrag Aus­sicht auf Erfolg. Hier sind auch zum Bei­spiel Testi­mo­ni­als von gesetz­lich ver­si­cher­ten Pati­en­ten über War­te­zei­ten bei nie­der­ge­las­se­nen Ärzten/ Psy­cho­the­ra­peu­ten und Anträ­ge bzw. Bewil­li­gun­gen von Kosten­er­stat­tungs­ver­fah­ren hilf­reich. Aller­dings muss der Antrag­stel­ler hier den Daten­schutz berück­sich­ti­gen und die Unter­la­gen nur nach Zustim­mung des Pati­en­ten bzw. nur teil geschwärzt her­aus­ge­ben an den Zulas­sungs­aus­schuss.“

Ins­ge­samt bleibt ein Ver­fah­ren für eine Son­der­be­darfs­zu­las­sung sehr zeit­auf­wän­dig und kosten­in­ten­siv.

Robert Krueger-Kassissa

Robert Krueger-Kassissa

Haben Sie Fragen zum Thema?

Dann melden Sie sich unverbindlich bei uns.
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner